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Ein Mann, der 13 Kinder aus zwei Ehen hatte, schloss mit seinen Kindern und seiner dritten, zukünftigen Ehefrau einen Erbvertrag. Darin verzichtete die Ehefrau auf ihr Erbrecht zugunsten der Kinder. Nach der Heirat schenkte der Erblasser seiner Ehefrau immer wieder verschiedene Vermögenswerte. Der Gesamtbetrag der Schenkungen an seine dritte Ehefrau betrug rund 1,3 Mio. CHF, was insgesamt 25 % der gesamten Vermögenswerte ausmachte. Nach dem Tod des Mannes forderten seine Kinder von der dritten Ehefrau einen Teil der Schenkungen zurück, d.h. sie forderten Herabsetzung und Rückforderung der Schenkungen.

Wer sich durch einen Erbvertrag einem anderen gegenüber verpflichtet, ihm oder einem Dritten seine Erbschaft oder ein Vermächtnis zu hinterlassen, verliert grundsätzlich nicht das Recht, zu Lebzeiten frei über sein Vermögen zu verfügen. Insbesondere kann er sein Vermögen aufbrauchen. Verfügungen von Todes wegen oder Schenkungen, die mit den Verpflichtungen des Erblassers aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, unterliegen jedoch der Anfechtung. Anfechtbar ist freilich nicht jede Schenkung, sondern nur wenn der Erblasser mit seinen Schenkungen offensichtlich beabsichtigte, seine Verpflichtungen aus dem Erbvertrag auszuhöhlen, was einem Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2 ZGB) gleichkommt, oder den Erbvertragspartner zu schädigen. Die Anfechtende muss beweisen, dass die Absicht des Erblassers, seine Pflichten zu umgehen, «offenbar» ist.

Vorliegendenfalls stellt das Bundesgericht fest, dass der Verstorbene zwar erhebliche Schenkungen vornahm. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, der Erblasser habe im Sinne eines Eventualvorsatzes eine Benachteiligungsabsicht gehabt, wie die Vorinstanz schreibe, zumal die Zuwendungen keine Pflichtteilsverletzung bewirkten. Zwar gäben die zeitlichen Verhältnisse Anlass zu Bedenken (drei Transaktionen von knapp 600 000 CHF innerhalb eines Jahres). Trotzdem kam das Gericht zum Schluss, dass die Schädigungsabsicht nicht offenbar sei, weil die Umstände mehrerer Transaktionen mehr oder weniger ungeklärt waren. Somit sei nicht ersichtlich, dass der Verstorbene die Erben benachteiligen wollte.

Art. 494 Abs. 1 – 3 ZGB

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(BGer., 30.04.14 {5A_651/2013}, Martin Byland, lic. iur. Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich)

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