Issue
Category
Content
Text

Eine Zürcher Gemeinde hat einem Mann zu Recht die Sozialhilfe gestrichen, nachdem er wiederholt die Teilnahme an einem Beschäftigungsprogramm verweigert hat. Weil für den zugewiesenen Arbeitseinsatz keine Entlöhnung vorgesehen war, behält der Betroffene einen Anspruch auf Nothilfe.

Der Sozialhilfeempfänger hatte sich 2013 geweigert, an dem von der Gemeinde zugewiesenen Beschäftigungsprogramm teilzunehmen. Die Gemeinde kürzte ihm deshalb die Sozialhilfe für sechs Monate um 15 Prozent und drohte ihm im Wiederholungsfall die gänzliche Einstellung der Sozialhilfeleistungen an. Nachdem eine weitere Aufforderung zur Teilnahme an einem unbezahlten Beschäftigungsprogramm erfolglos geblieben war, wurde dem Mann die Sozialhilfe gestrichen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigte diesen Entscheid 2015. Es wies dabei auch den Antrag des Mannes ab, ihm sei wenigstens Nothilfe auszurichten. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Mannes teilweise gut. Die Einstellung der Sozialhilfe ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Streichung gemäss dem Zürcher Sozialhilfegesetz sind erfüllt, zumal gegenüber dem Betroffenen bereits früher eine Kürzung wegen mangelhafter Mitwirkung erfolgte und ihm für den Wiederholungsfall die Einstellung angedroht wurde. Hingegen hat er weiterhin Anspruch auf den Minimalansatz für Nothilfe gemäss Artikel 12 der Bundesverfassung. Nothilfe umfasst das absolut Notwendige, um ein menschenwürdiges Dasein führen zu können. Kein Anspruch auf Nothilfe besteht, wenn jemand objektiv in der Lage wäre, sich die erforderlichen Mittel zum Überleben aus eigener Kraft zu verschaffen. Das trifft gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts bei Personen zu, die eine konkret zur Verfügung stehende Erwerbsmöglichkeit ausschlagen oder die Teilnahme an einem bezahlten Arbeitsprogramm verweigern. Im konkreten Fall war für die zugewiesene Arbeit keine Entlöhnung vorgesehen. Das Prinzip der Nachrangigkeit der Nothilfe gegenüber selber erzielbarem Verdienst kommt hier deshalb nicht zum Tragen.

§ 24a Abs. 1 und § 24 Abs. 1 SHG; Art. 12, Art. 7, Art. 36 Abs. 4, Art. 5 und Art. 29 Abs. 1 BV

Text

(BGer., 8.03.16 {8C_455/2015}, Medienmitteilungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 5.04.16 www.bger.ch)

Tags
Date