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Die Rechtsprechung geht bei der Beurteilung der Begriffe «Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen» davon aus, dass es sich dabei um einmalige oder periodische Vergütungen als Gegenleistung für eine Erwerbstätigkeit handelt, welche – wann immer sie ausbezahlt werden – unter den Anwendungsbereich von Art. 15 Abs. 1 MA OECD oder Art. 17 Abs. 1 DBA CH-FR fallen. Handelt es sich aber um eine Entschädigungszahlung für ein Konkurrenzverbot bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder um eine Entschädigung für dessen vorzeitige Kündigung, hat das Bundesgericht, indem es sich auf die Schweizer Doktrin beruft, eine solche Entschädigung als «andere Einkünfte» im Sinn von Art. 21 Abs. 1 MA OECD eingestuft. In Bezug auf Art. 18 MA OECD hat das Bundesgericht bestimmt, dass die Beträge, die ausbezahlt werden, bevor ein Angestellter das Rücktrittsalter erreicht, im Prinzip wie eine Entschädigung für Arbeit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 MA OECD zu behandeln seien. Es kann sich dabei allerdings auch um eine Auszahlung ähnlich wie ein Ruhegehalt handeln (Art. 18 MA OECD), falls sie dazu bestimmt ist, den Übergang bis zur Pensionierung abzusichern. Das Bundesgericht hat jedenfalls festgestellt, dass sich in der Praxis Abgrenzungsprobleme ergeben könnten bei der Zuteilung von Einkünften zu Art. 15 und Art. 18 bzw. Art. 21 des MA OECD, wenn der Arbeitnehmer eine Vergütung erhält, ohne dass er eine Tätigkeit ausgeübt hat, beispielsweise bei einer Entschädigung für vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer gerade eine solche Entschädigung erhalten, obwohl er definitiv von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit worden ist. Unter diesen Umständen ist es angebracht zu überlegen, ob diese Einkünfte nun unter den Begriff der «Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen» gemäss Art. 15 Abs. 1 MA OECD, unter «andere Einkünfte» oder unter «Ruhegehalt oder ähnliche Vergütung» zu subsumieren sind. Die Auszahlung von 134 250 EUR, welche nach Abschluss der Erwerbstätigkeit erfolgt ist, muss als Entschädigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstanden werden. Es ist festzuhalten, wie auch das Kantonsgericht entschieden hat, dass die Entschädigung, welche der Beschwerdeführer für die Zeitperiode vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 2012 erhalten hat, nicht als Gegenleistung für eine effektiv geleistete Arbeit betrachtet werden kann, obwohl sie ihren Rechtsgrund in der Arbeitsleistung hat, welche vor dieser Zeitperiode für den französischen Arbeitgeber geleistet worden ist, da der Beschwerdeführer per 31. Mai 2012 effektiv aufgehört hat zu arbeiten. In diesem Sinn ist es vertretbar, diese Entschädigung als «andere Einkünfte» gemäss Art. 23 DBA CH-FR respektive Art. 21 MA OECD zu betrachten, wonach deren Besteuerung am Ansässigkeitsort des Empfängers erfolgt. Diese Lösung ist im Einklang mit der tatsächlichen Situation, da der Beschwerdeführer in der fraglichen Zeit an seinem Wohnsitz in der Schweiz geblieben und nicht mehr nach Frankreich zurückgekehrt ist, um eine Arbeit auszuüben. Dieses Vorgehen erlaubt es, sich auf die objektiv erstellten Tatsachen abzustützen und damit eine Lösung zu finden, bei der Steuerpflichtige in ähnlichen Situationen gleichbehandelt werden, wie auch immer die Arbeitsverhältnisse beendet und geregelt wurden und welche Länder auch immer davon betroffen sind. Gleichzeitig erlaubt diese Lösung auch, dass man sich nicht mit der Frage befassen muss, ob die Entschädigung (auch) mit der Konkurrenzklausel, welche der Arbeitgeber mit dem Beschwerdeführer vereinbart hatte, zusammenhängt, da die Entschädigung auch in diesem Fall unter den Begriff der «anderen Einkünfte» nach Art. 23 Abs. 1 DBA FR-CH fallen würde. Und zudem ist die Lösung im vorliegenden Fall im Einklang mit der Position der Schweiz, wie sie aus der Verständigungsvereinbarung mit Deutschland hervorgeht.

Art. 15 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und Art. 18 OECD-MA; Art. 17 Abs. 1 und Art. 23 DBA CH-FR

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(BGer., 10.02.17 {2C_628/2016 und 2C_629/2016}, StR 2017, S. 377)

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