Kleinere Handelsgesellschaften, namentlich Aktiengesellschaften, haben unter dem neuen Revisions(aufsichts)recht von der Möglichkeit des Opting-out Gebrauch gemacht. Gemeinnützige Stiftungen wollten diese Möglichkeit – häufig aus Kostengründen – auch nutzen. Allerdings funktioniert das Opting-out für Stiftungen in der Praxis nicht so einfach. Stiftungsrechtliche Besonderheiten stehen einem Opting-out entgegen.
Am 1. Januar 2008 sind die revidierten Bestimmungen des Obligationenrechts in Kraft getreten. Diese haben u.a. die Revision von Handelsgesellschaften neu geregelt. Nach dem neuen Recht haben lediglich noch grössere Unternehmen eine ordentliche Revision durchzuführen. Kleinere Unternehmen werden nur noch im Rahmen einer eingeschränkten Revision revidiert. Schliesslich kann sogar auf eine Revision ganz verzichtet werden (Opting-out).
Im Zuge dieser Gesetzesänderung wurde auch die Revision von Stiftungen neu geregelt. Nach Art. 83b Abs. 3 ZGB gilt für die Revision von Stiftungen nun das auf Aktiengesellschaften anwendbare Recht. Dies führte zunächst dazu, dass Stiftungen, die noch keine den Bestimmungen des Aktienrechts entsprechende Revisionsstelle hatten, eine solche bezeichnen mussten. Andererseits sollte mit dem Verweis auf die aktienrechtlichen Bestimmungen auch für die Stiftungen die Tür für ein Opting-out geöffnet werden. Stiftungen sollen unter dem neuen Regime auf eine Revisionsstelle verzichten können, was für eine Stiftung aus Kostengründen attraktiv sein kann.
Unter dem neuen Recht unterliegen Stiftungen grundsätzlich der ordentlichen oder der eingeschränkten Revision. Eine Stiftung muss ihre Buchführung durch eine zugelassene Revisionsexpertin oder einen zugelassenen Revisionsexperten ordentlich prüfen lassen, wenn zwei der drei in Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 OR genannten Kriterien erfüllt sind. Sind weniger als zwei dieser Grössen erfüllt, so ist die Stiftung nur zur eingeschränkten Revision verpflichtet. Der Verweis auf die aktienrechtlichen Bestimmungen umfasst allerdings auch Art. 727a OR und umfasst damit auch die Möglichkeit des Opting-out.
Im Aktienrecht erfordert das Opting-out eine Zustimmung sämtlicher Aktionäre. Zudem darf die Gesellschaft nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt haben. Für Stiftungen konnte diese Regelung nicht telquel übernommen werden. Eine Stiftung hat keine Aktionäre, welche eine Zustimmung zum Opting-out erteilen können. Der Verzicht auf die eingeschränkte Revision musste für Stiftungen folglich anders gelöst werden. Der Bundesrat hat deshalb die Verordnung über die Revisionsstelle von Stiftungen angepasst, um die Befreiung der Stiftung von der eingeschränkten Revision zu regeln: Nach Art. 1 der Verordnung kann die Aufsichtsbehörde auf Gesuch des obersten Stiftungsrates hin das Opting-out bewilligen, wenn (a) die Bilanzsumme der Stiftung in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren kleiner als 200 000 Franken ist, (b) die Stiftung nicht öffentlich zu Spenden oder sonstigen Zuwendungen aufruft und (c) die Revision nicht für eine zuverlässige Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Stiftung notwendig ist. Nach Art. 1 Abs. 4 der genannten Verordnung soll – im Falle einer Befreiung von der Bezeichnung einer Revisionsstelle – die entsprechende Anpassung der Stiftungsurkunde erfolgen.
Die Frage, ob eine Aktiengesellschaft eine Revisionsstelle hat oder nicht bzw. darauf verzichten kann, beschlägt die Organisation der Aktiengesellschaft. Die Organisation der Aktiengesellschaft, namentlich die Bezeichnung der Organe (Generalversammlung, Verwaltungsrat, Revisionsstelle), die Modalitäten der Beschlussfassung und die Kompetenzen der Organe, werden regelmässig in den Statuten definiert. Um das Opting-out in den Statuten zu regeln, war für bestehende Aktiengesellschaften eine Statutenänderung notwendig. Die Statuten wurden dahingehend angepasst, dass die Statuten generell eine Revisionsstelle vorsehen, auf deren Bestellung aber unter gewissen Voraussetzungen verzichtet werden kann. Eine solche Statutenänderung war relativ einfach zu bewerkstelligen, musste hierzu doch einzig eine Generalversammlung oder eine Universalversammlung durchgeführt werden.
Bei der Stiftung wird die Organisation aber nicht in Statuten, sondern in der Stiftungsurkunde oder in einem Stiftungsreglement definiert. Nach Art. 83 ZGB sind in der Stiftungsurkunde die Organe der Stiftung und die Art der Verwaltung festzustellen. Die obersten Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat und – da eine klassische Stiftung (grundsätzlich) eine Revisionsstelle haben muss – die Revisionsstelle.1 Sie müssen somit in der Stiftungsurkunde bezeichnet werden. Die Stiftungsurkunde bildet (allenfalls neben einem Stiftungsreglement) das stiftungsrechtliche Pendant zu den Statuten bei der Aktiengesellschaft.
Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft ist eine Abänderung der «Stiftungs-Statuten» aber grundsätzlich nicht möglich: Während den Körperschaften von Gesetzes wegen das Recht zusteht, ihre Statuten, also die Grundlagen ihrer Existenz, abzuändern oder zu ergänzen, so fehlt den Stiftungen die Kompetenz, irgendwelche Änderungen oder Ergänzungen der Stiftungsurkunde vorzunehmen.2
Eine Änderung der Stiftungsurkunde ist nur in Ausnahmefällen möglich: Nach Art. 85 ff. ZGB ist eine Umwandlung der Stiftung möglich. Für unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde ist die Aufsichtsbehörde zuständig. Wesentliche Änderungen müssen demgegenüber bei der zuständigen Bundes- oder Kantonsbehörde durch die Aufsichtsbehörde beantragt werden. Gemäss Art. 85 ZGB gilt dies insbesondere auch für eine Änderung der Organisation der Stiftung.
Eine solche organisatorische Änderung ist nur möglich, wenn sie zur Erhaltung des Vermögens oder zur Wahrung des Zweckes dringend notwendig erscheint.3 Die Anforderungen an eine entsprechende Anpassung sind nicht zu hoch zu schrauben.4 Es genügt, dass eine Anpassung im Interesse der Erfüllung des Stiftungszweckes liegt und aus unabweisbaren Gründen als geboten erscheint bzw. bewirkt, dass der Zweck wesentlich besser als mit der bisherigen Organisationsform erreicht wird.5
Die gewünschte Änderung – so wird in der Literatur angeführt – kann bspw. die Einführung einer Revisionsstelle betreffen.6 E contrario ist daraus zu folgern, dass auch der Verzicht auf eine Revisionsstelle grundsätzlich nur nach Art. 85 ZGB möglich ist. Für diese Auffassung spricht auch, dass die Frage, ob auf eine Revisionsstelle nun verzichtet werden kann oder nicht, in der Tat eine Frage der Organisation ist: Eine Stiftung mit Revisionsstelle ist offensichtlich anders organisiert als eine Stiftung ohne Revisionsstelle. Es muss daher nicht die Zustimmung der Aufsichtsbehörde, sondern die Zustimmung der Bundes- und Kantonalbehörde eingeholt werden, und diese können einer Änderung nur zustimmen, wenn die erwähnten Voraussetzungen vorliegen.
Damit ist festzustellen, dass die Verordnung über die Revisionsstelle von Stiftungen zu kurz greift: Die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen eine Organisationsänderung vorgenommen werden kann, ist in Art. 85 ZGB geregelt. Der Bundesrat hat nicht die Kompetenz, mit einer Verordnung eine dem ZGB widersprechende Lösung einzuführen. Der Entscheid, eine Änderung der Organisation herbeizuführen, d.h. auf die Bestellung einer Revisionsstelle zu verzichten, kann nicht der Aufsichtsbehörde obliegen, sondern obliegt gemäss Art. 85 ZGB der Bundes- oder Kantonsbehörde, welcher die Aufsichtsbehörde einzig einen Antrag stellen kann.
Weiter genügt es im Übrigen für ein Opting-out nicht, wenn «lediglich» die in der genannten Verordnung aufgezählten Kriterien erfüllt sind. Es müssen noch die stiftungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Organisation erfüllt sein, d.h. die neue Organisation ohne Revisionsstelle muss dazu führen, dass der Stiftungszweck wesentlich besser erreicht werden kann. Der Verzicht auf eine Revisionsstelle muss im Interesse der Erfüllung des Stiftungszweckes liegen und aus unabweisbaren Gründen geboten sein.
Der primäre Grund, um auf eine Revisionsstelle zu verzichten, liegt in einer Kostenersparnis. Man müsste somit argumentieren, dass der Stiftungszweck insofern besser erreicht werden kann, als dass der Stiftung durch die Einsparung mehr Mittel zur Verfügung stünden, um den Stiftungszweck zu erreichen. Ob es sich dabei aber um einen unabweisbaren Grund handelt, ist fraglich. Andererseits dient die Revision nämlich der Kontrolle. Die Kontrolle wiederum ist ein Instrument, das der Stiftung dient und ihr letztlich «hilft», den Stiftungszweck zu erreichen bzw. dessen Einhaltung zu kontrollieren. Allenfalls mag man hier die Auffassung vertreten, dass mit der Aufsichtsbehörde bereits eine Kontrollinstanz vorhanden ist, welche den Zweck einer Revisionsstelle ebenfalls erfüllen könnte. Dennoch, der Verzicht auf eine Revisionsstelle kann wohl kaum als «unabweisbarer Grund» qualifiziert werden und es kann nur schwerlich davon gesprochen werden, dass eine Stiftung ohne Revisionsstelle den Stiftungszweck «wesentlich besser» erreichen kann als eine Stiftung mit einer Revisionsstelle.
Gemäss der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht setzt die Änderung der Organisation voraus, «dass sie zur Erhaltung des Vermögens oder Wahrung des Zwecks dringend notwendig geworden sei. Sie dient also geradezu der Rettung des sonst gefährdeten Stiftungszwecks.»7 Legt man diesen Massstab zugrunde, so muss wohl darauf geschlossen werden, dass ein Verzicht auf eine Revisionsstelle, also eine Organisationsänderung, eigentlich ausgeschlossen ist.
Dies bedeutet dann aber, dass eine Stiftungsurkunde, welche eine Revisionsstelle vorsieht, nicht abgeändert werden kann. Namentlich kann die relevante Bestimmung einer Stiftungsurkunde nicht dahingehend abgeändert werden, dass eine Stiftung keine Revisionsstelle hat, sofern die Aufsichtsbehörde nicht die Bewilligung erteilt, dass auf eine solche Revisionsstelle verzichtet werden kann. Eine solche Bestimmung würde letztlich eine Änderung der Stiftungsorganisation herbeiführen, denn es wäre möglich, eine andere als die ursprünglich in der Stiftungsurkunde vorgesehene Organisationsform zu wählen. Die Änderung der Organisation soll aber nur dann möglich sein, wenn sie geradezu zu einer Rettung des sonst gefährdeten Stiftungszweckes dient. Der Verzicht auf eine Revisionsstelle dient kaum der Rettung des gefährdeten Stiftungszweckes.
Die Stiftung wird vom Stifterwillen, der in der Stiftungsurkunde definitiv niedergelegt ist, beherrscht. Die rechtsgeschäftlichen Willensäusserungen, mittels derer der Stifter die Verhältnisse seiner Stiftung gestaltet hat, sei es durch Rechtsgeschäft unter Lebenden, sei es durch Verfügung von Todes wegen, sind in der Stiftungsurkunde und gegebenenfalls im Stiftungsreglement enthalten. Deren Text bildet somit den Gegenstand der Auslegung des Stifterwillens, d.h. der Ermittlung des Sinnes seiner Anordnung.8
Ist in der Stiftungsurkunde die Organisation der Stiftung definiert und ist eine Revisionsstelle vorgesehen, so fragt sich, ob auf eine Revisionsstelle überhaupt verzichtet werden kann. Wie erwähnt, ist in der Stiftungsurkunde die rechtsgeschäftliche Willensäusserung enthalten. Der Stifter legt in der Stiftungsurkunde fest, wie die Verhältnisse der Stiftung zu gestalten sind. Hat der Stifter festgelegt, dass die Verhältnisse so zu gestalten sind, dass die Stiftung eine Revisionsstelle haben muss, so ist fraglich, ob dann im Nachhinein überhaupt von diesem Stifterwillen abgewichen werden darf. Wenn der Stifter bspw. neben der Aufsichtsbehörde ein weiteres Kontrollorgan vorgesehen hat, so ist zu fragen, ob auf die Revisionsstelle, mithin das weitere Kontrollorgan, einfach so verzichtet werden kann oder ob damit nicht der Wille des Stifters missachtet würde.
Gerade bei testamentarisch errichteten Stiftungen können sich hier schwierige Auslegungsfragen ergeben, denn der Stifter kann in einem solchen Fall offensichtlich nicht mehr darüber befragt werden, welche Bedeutung er der Revisionsstelle beigemessen hat, namentlich, ob man auf eine solche auch hätte verzichten können, wenn die Bilanzsumme der Stiftung in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren kleiner als CHF 200 000 ist. Nach Massgabe des älteren Rechts musste eine Kontrollstelle nicht zwingend geschaffen werden und konnte von der Aufsichtsbehörde auch nicht vorgeschrieben werden.9 Wenn in der Stiftungsurkunde einer älteren Stiftung somit die Schaffung einer Kontrollstelle bzw. einer Revisionsstelle vorgesehen war, so ist darauf zu schliessen, dass der Stifter eine solche zwingend vorsehen wollte – folglich kann darauf nunmehr auch nicht verzichtet werden.
Stiftungen, deren Stiftungsurkunde eine Revisionsstelle vorsehen und die Möglichkeit des Opting-out gar nicht regeln, was wohl bei allen Stiftungsurkunden vor der Einführung der neuen Bestimmungen der Fall ist, können nicht abgeändert werden, da nicht zwingend darauf geschlossen werden kann, dass der Verzicht auf eine Revisionsstelle dem Stifterwillen entspricht. Wie vorstehend bereits gezeigt, kann eine Organisationsänderung auch nicht leicht umgesetzt werden, da die Voraussetzungen dafür doch relativ hoch sind, denn die neue Organisation ohne Revisionsstelle müsste dem Stiftungszweck besser dienen als die alte Organisation mit Revisionsstelle.
Gemäss dem neuen Recht hat eine Stiftung eine Revisionsstelle zu bestellen. In der Stiftungsurkunde muss deshalb die Revisionsstelle erwähnt werden. Die kantonalen Aufsichtsbehörden wie auch die eidgenössische Stiftungsaufsicht haben verschiedene Musterurkunden publiziert. In diesen Mustern wird auch die Thematik des Verzichts auf eine Revisionsstelle geregelt, jedoch unterschiedlich:
In der vom Amt für Stiftungen und berufliche Vorsorge des Kantons Basel-Landschaft veröffentlichten Musterurkunde wird empfohlen, die Organe der Stiftung wie folgt zu umschreiben: «Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat sowie die Revisionsstelle.»10 Demgegenüber wird im von der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht publizierten Muster empfohlen, die Wendung «Organe der Stiftung sind: […] die Revisionsstelle, soweit nicht durch die Aufsichtsbehörde die Befreiung von der Revisionsstellenpflicht verfügt wurde» in die Stiftungsurkunde aufzunehmen.11 Im vom Amt für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons Zürich (BVS) zur Verfügung gestellten Muster wird der Passus «Der Stiftungsrat beauftragt eine Revisionsstelle (Kontrollstelle) für die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungsarbeiten. […] Die Aufsichtsbehörde kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Befreiung von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle verfügen» empfohlen.12
Es gilt darauf hinzuweisen, dass diese in der Praxis verwendeten Formulierungen zu unterschiedlichen Resultaten führen können: Wird bspw. die Revisionsstelle als Organ bezeichnet, ohne den Hinweis auf das Opting-out, so müsste bei späterer Auslegung der Stiftungsurkunde dann darauf geschlossen werden, dass der Stifter diese Organisation zwingend vorsah, d.h. ein Verzicht auf die Revisionsstelle dem Stifterwillen nicht entsprach. Auch die Voraussetzungen für eine Organisationsänderung im Rahmen von Art. 85 ZGB wären nicht erfüllt. Folglich kann dann auch nicht mehr auf eine Revisionsstelle verzichtet werden.
Andere Formulierungen lassen Raum für ein Opting-out, indem darauf hingewiesen wird, dass im Falle einer Befreiung von der Revisionsstellenpflicht auf eine Revisionsstelle verzichtet werden kann. Hierzu ist allerdings festzuhalten, dass die Frage, ob eine Stiftung nun eine Revisionsstelle hat oder nicht, eine Frage der Organisation ist. Ist eine Revisionsstelle vorgesehen und wurde nicht bereits bei Begründung einer Stiftung die Zustimmung der Aufsichtsbehörde eingeholt, so fragt sich, ob dann im Nachhinein noch auf eine Revisionsstelle verzichtet werden kann. Ist die Stiftung nämlich einmal mit einer Revisionsstelle organisiert, so würde ein späterer Verzicht auf eine Revisionsstelle einer Organisationsänderung gleichkommen. Eine Organisationsänderung kann die Aufsichtsbehörde aber nicht bewilligen. Sie kann diese lediglich der kantonalen oder der eidgenössischen Behörde beantragen. Wie vorstehend ebenfalls erläutert, ist eine Änderung der Organisation nur möglich, wenn sie zur Erhaltung des Vermögens oder Wahrung des Zwecks dringend notwendig geworden ist, mithin der Rettung des sonst gefährdeten Stiftungszwecks dient. Es ergibt sich diesbezüglich eine offensichtliche Diskrepanz zwischen der Regelung gemäss der Verordnung des Bundesrates, welche den Verzicht auf eine Revisionsstelle der Aufsichtsbehörde überlässt und verschiedene Kriterien definiert, und der Bestimmung von Art. 85 ZGB, welche die Entscheid-Befugnis einer anderen Behörde zuschreibt, und weitere, andere Kriterien für eine Organisationsänderung aufstellt.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Einführung des Opting-out für Stiftungen wenig durchdacht scheint. Die Eigenheiten des Stiftungsrechts wurden nicht genügend berücksichtigt. Stiftungsurkunden, die keinen Hinweis auf das Opting-out enthalten, müssen so ausgelegt werden, dass auf eine Revisionsstelle gar nicht verzichtet werden kann, selbst wenn die Kriterien der bundesrätlichen Verordnung erfüllt sind. Ein Verzicht auf die Revisionsstelle dürfte in einem solchen Fall dem Stifterwillen widersprechen. Ausserdem wären die Voraussetzungen für eine Organisationsänderung nicht erfüllt. Damit sind ältere Stiftungen, in deren Stiftungsurkunden eine Revisionsstelle vorgesehen wurde, vom Opting-out ausgeschlossen. Sie mussten deshalb eine dem Aktienrecht entsprechende Revisionsstelle bezeichnen.
Bei Stiftungen, deren Stiftungsurkunden (bereits) einen Hinweis auf den Verzicht auf die Revisionsstelle enthalten und festlegen, dass die Aufsichtsbehörden eine entsprechende Zustimmung erteilen kann, ist ein Opting-out möglich, insbesondere wenn vor der Errichtung bereits eine Zustimmung eingeholt wird und gar keine Revisionsstelle bestellt wird.
Ist eine Revisionsstelle aber einmal bestellt, so würde ein nachträglicher Verzicht auf eine Revisionsstelle einer Organisationsänderung gleichkommen. Diesfalls könnte die Aufsichtsbehörde nach Massgabe von Art. 85 ZGB keinen Entscheid über die Organisationsänderung fällen, sondern lediglich einen Antrag bei der kantonalen Behörde oder der Bundsbehörde stellen. Diese müsste dann prüfen, ob die beantragte Organisationsänderung dem Stiftungszweck besser dient.
Abgesehen von dieser Diskrepanz zwischen der bundesrätlichen Verordnung und den Bestimmungen des ZGB scheint die Regelung des Opting-out für Stiftungen mittels Verweis auf die aktienrechtlichen Bestimmungen auch aus anderen Gründen nicht durchdacht:
Die Verordnung des Bundesrats lässt ein Opting-out zu, wenn die Bilanzsumme einer Stiftung in zwei aufeinanderfolgenden Jahren weniger als CHF 200 000 beträgt. Offenbar sollten somit «kleinere Stiftungen», die nicht über grosse Vermögen verfügen, von der Möglichkeit des Opting-out Gebrauch machen können. Ob die Bilanzsumme ein für Stiftungen taugliches Kriterium ist, ist fraglich, tauchen doch stille Reserven in der Bilanzsumme nicht auf. Sie sind gemäss Art. 663b Ziff. 8 OR im Anhang anzuführen. Die Bildung von stillen Reserven ist im Umfang von Art. 669 Abs. 3 OR zulässig, d.h. sie ist zulässig, soweit die Rücksicht auf das dauernde Gedeihen des Unternehmens oder auf die Ausrichtung einer möglichst gleichmässigen Dividende es unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre rechtfertigt. Eine solche Regelung der stillen Reserven fehlt bei der Stiftung.
Verfügt eine Stiftung bspw. über Immobilien und bewertet sie diese tief, bildet sie mithin stille Reserven, so kann die Bilanzsumme den Betrag von CHF 200 000 unterschreiten, während die Stiftung eigentlich über ein Vermögen von über CHF 200 000 verfügt. Eine Beschränkung betr. der Bildung von stillen Reserven scheint im Stiftungsrecht nicht zu existieren. Die stillen Reserven müssten dann im Anhang ausgewiesen werden. In der Bilanzsumme sind sie aber nicht berücksichtigt. Wenn es denn Sinn und Zweck der bundesrätlichen Verordnung wäre, ein Opting-out nur für Stiftungen mit einem kleinen Stiftungsvermögen zuzulassen (was grundsätzlich Sinn macht), so müsste nicht einzig auf die Bilanzsumme, sondern auf die Bilanzsumme zuzüglich im Anhang ausgewiesene stille Reserven abgestellt werden. Die Aufsichtsbehörden haben es hier allerdings in der Hand, einem Opting-out in solchen Fällen nicht zuzustimmen. Eine Befreiung von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle kann auch dann verweigert werden, wenn die Revision für eine zuverlässige Beurteilung der Vermögenslage einer Stiftung notwendig ist.
Das Opting-out bei klassischen Stiftungen scheint noch nicht optimal geregelt zu sein. Zunächst gibt es eine Ungleichbehandlung zwischen älteren Stiftungen und neueren Stiftungen. Nur die letzteren, welche bereits entsprechende Bestimmungen in der Stiftungsurkunde vorgesehen haben, können vom Opting-out Gebrauch machen. Ältere Stiftungen könnten nur dann vom Opting-out Gebrauch machen, wenn die kantonalen bzw. die eidgenössischen Behörden Organisationsänderungen bewilligen. Ob es hier eine liberale Praxis geben wird, ist fraglich, denn nebst der Frage, wie und wann die Organisation geändert werden kann, gilt es auch auf den Stifterwillen Rücksicht zu nehmen. Dieser kann nach der Errichtung der Stiftung «nicht mehr abgeändert werden». Folglich werden ältere Stiftungen nicht von der Möglichkeit des Opting-out Gebrauch machen können.
Revisionsstellen von Stiftungen, die eine «Opting-out-Klausel» vorgesehen haben, sollen prüfen, ob die stillen Reserven im Anhang ausgewiesen sind, und gegebenenfalls im Revisionsbericht einen Hinweis anbringen, damit die Aufsichtsbehörde sich ein Bild darüber machen kann, ob die Stiftung, die um ein Opting-out ersucht, tatsächlich über Aktiven von unter CHF 200 000 verfügt. Die Bilanzsumme weist solche stillen Reserven nicht aus, sodass u.U. einem Opting-out zugestimmt wird, obwohl die Stiftung dazu «materiell betrachtet» nicht berechtigt wäre.
- Vgl. Grüninger Harold, N 3 zu Art. 83, in: Honsell Heinrich, Vogt Nedim Peter, Geiser Thomas (Hrsg.), Basler Kommentar, Art. 1-456 ZGB, Zivilgesetzbuch I, Basel 2010 [im folgenden BSK-Grüninger].
- Vgl. Hans-Michael Riemer, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Das Personenrecht, 3. Abteilung, 3. Teilband, Die Stiftungen, ST N 25 S. 39.
- Vgl. BSK-Grüninger, N 4 zu Art. 85/86 ZGB.
- Vgl. BSK-Grüninger, N 4 zu Art. 85/86 ZGB.
- Vgl. BSK-Grüninger, N 4 zu Art. 85/86 ZGB.
- Vgl. Hans-Michael Riemer, a.a.O., N 50 zu Art. 85/86 ZGB, BSK-Grüninger N 4 zu Art. 85/86.
- Vgl. Homepage der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht: www.edi.admin.ch/esv/00817/00844/index.html?lang=de, zugegriffen am 3. Oktober 2011.
- Vgl. Hans-Michael Riemer, a.a.O., ST N 72.
- Vgl. Hans-Michael Riemer, a.a.O., N 14 zu Art. 83 ZGB.
- Vgl. Musterurkunde des Amtes für Stiftungen und berufliche Vorsorge des Kantons Basel-Landschaft: www.baselland.ch/fileadmin/baselland/files/docs/jpd/stiftun gen/stiftungsurk_klass.pdf, zugegriffen am 3. Oktober 2011.
- Vgl. Musterurkunde der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht: www.edi.admin.ch/esv/00815/index.html?lang=de, zugegriffen am 3. Oktober 2011.
- Vgl. Musterurkunde des Amtes für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons Zürich: www.bvs.zh.ch/internet/justiz_inneres/bvs/de/klassische_stiftungen/formulare_merkblaetter.html, zugegriffen am 3. Oktober 2011.