Das Bundesgericht hat anhand eines neuen Falls vorexerziert, wie die Invalidenrente für eine Frau mit Kindern EMRK-konform zu bemessen ist.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kam damals zum Schluss, dass die in der Schweiz angewandte Bemessungsmethode bei Personen, die wegen der Betreuung ihrer Kinder Teilzeit arbeiten, diskriminierend ist. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Betroffenen um Frauen. Im aktuellen, konkreten Fall erhielt eine Frau aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden aufgrund eines Invaliditätsgrades von 75 Prozent ab August 1998 eine ganze Invalidenrente zugesprochen. Im Juni 2009 gebar sie Zwillinge und erhielt deshalb zusätzlich zwei Kinderrenten. Im Oktober 2012 führte die IV-Stelle aufgrund der Änderungen des IV-Gesetzes (IVG) ein Revisionsverfahren bei der Versicherten durch. Die Stelle berücksichtigte dabei sowohl den verbesserten Gesundheitszustand der Frau als auch den Umstand, dass sie 2009 Mutter geworden war. Die IV-Stelle ging davon aus, dass die Frau ohne gesundheitliche Beeinträchtigung nur noch zu 30 Prozent erwerbstätig und zu 70 Prozent im Haushalt beschäftigt wäre. Die sich daraus ergebenden geringen Teilinvaliditätsgrade führten dazu, dass der Betroffenen die Rente gestrichen wurde. Zu Unrecht, wie das Bundesgericht in einem am 26. April 2017 publizierten Urteil festhält. Die Vorinstanzen hätten den Umstand, dass die Frau Mutter geworden war, bei der Bemessung nicht berücksichtigen dürfen. Entscheidend für die Neuberechnung der Rente sei allein der verbesserte gesundheitliche Zustand der Betroffenen, schreibt das Bundesgericht. Die gesundheitlichen Abklärungen ergaben, dass die Leistungsfähigkeit der Frau bei 50 Prozent liegt. Aus diesem Grund ist die Rente gemäss Urteil nicht aufzuheben, sondern von einer ganzen auf eine halbe Rente herabzusetzen.
Art. 16 und Art. 17 ATSG; Art. 8 und Art. 14 EMRK; Art. 28, Art. 28a, Art. 30 und Art. 31 IVG; Art. 88a IVV
(BGer., 7.04.17 {9C_297/2016}, Jusletter 1.05.17)