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Die Strafbarkeit von inhaltlich unrichtigen Gefälligkeitsrechnungen wird definitiv ausgeweitet. Das geht aus der schriftlichen Begründung eines bundesgerichtlichen Urteils hervor, dessen öffentliche Beratung Unklarheiten hinterlassen hatte. Beantwortet wird unter anderem die ­damals umstrittene Frage, ob das Verdikt eine Änderung oder eine Präszisierung der Praxis bringt: Laut der nun schriftlich fixierten höchstrichterlichen Diktion wird die Rechtsprechung zur Falschbeurkundung «fortgesetzt». Eine Rechnung gilt rechtlich nicht als Urkunde, weil sie grundsätzlich nur die Behauptung enthält, der Empfänger schulde dem Aussteller einen Betrag für eine Leistung. Liegt aber ein besonderes Vertrauensverhältnis vor, wie etwa zwischen Arzt und Krankenkasse, gilt die Rechnung ausnahmsweise als Urkunde (BGE 103 IV 178). Ebenso wird eine Rechnung zur ­Urkunde, wenn sie als Beleg in eine kaufmännische Buchhaltung aufgenommen wird. Dennoch konnte der Ersteller einer solchen Urkunde, wenn diese einen unrichtigen Inhalt aufwies, bisher nicht wegen Falschbeurkundung bestraft werden, sondern höchstens wegen Gehilfenschaft (Urteil 6B_1019/2009). Laut dem neuen Entscheid des Bundesgerichtes kann sich nun aber «der Rechnungsaussteller strafbar machen, wenn die inhaltlich unwahre Rechnung nicht mehr nur Rechnungsfunktion hat, sondern in erster Linie auch als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist». Das gilt etwa, wenn der Aussteller der Rechnung auf Geheiss oder mit Zustimmung des Empfängers falsch verrechnet. Da eine Gefälligkeitsrechnung als Buchhaltungsbeleg eine Urkunde darstellt, rechtfertigt es sich laut Bundesgericht, «auch einen Dritten in die Pflicht zu nehmen, der inhaltlich unwahre Rechnungen anfertigt, mit welchen deren Buchhaltung verfälscht werden soll».

Art. 251 StGB; Art. 957 OR

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(BGer., 24.05.12 {6B_571/2011}, NZZ Nr. 146 vom 28.06.12)

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