Entschädigungszahlungen bei vorzeitiger Rückzahlung der Hypothek konnten schon bisher in einigen Kantonen steuerlich in Abzug gebracht werden. Das Bundesgericht hat in zwei Leitentscheiden1,2 die Voraussetzungen dafür präzisiert, ohne jedoch für alle Erscheinungsformen eine klare Regelung zu treffen.
Private Schuldzinsen, also Zinszahlungen als Entgelt für die Gewährung einer Geldschuld, können grundsätzlich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Kündigt ein Hauseigentümer seine Hypothek vorzeitig, sei es, weil er vom aktuell tiefen Zinsniveau profitieren oder weil im Verkaufsfall der Käufer der Liegenschaft die Hypothek nicht übernehmen will, verlangt die Bank regelmässig eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung (auch Abstandszahlung oder Penalty genannt). Diese Zahlungen konnten bisher in einigen Kantonen3, u.a. im Kanton Zürich, vom Einkommen in Abzug gebracht werden.
Eine Erbengemeinschaft verkaufte ein Geschäftshaus für 62 Mio. Franken an eine Versicherungsgesellschaft. Da der Verkauf ohne hypothekarische Belastung erfolgen sollte, wurden die auf dem Grundstück lastenden Hypotheken gegen eine Vorfälligkeitsentschädigung von 2 415 083 Franken vorzeitig aufgelöst. Die Erben wollten die geleistete Zahlung bei der Grundstückgewinnsteuer in Abzug bringen, was ihnen die Zürcher Steuerbehörden verwehrten. Nur bei der Witwe wurde im Umfang ihres steuerbaren Einkommens von 517 400 Franken ein Abzug zugelassen. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Erben gut.
Das Bundesgericht hält fest, dass das eidgenössische Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen bei der Besteuerung der Grundstückgewinne nur einen beschränkten Freiraum zubillige. Insbesondere dürften die Kantone im Steuerharmonisierungsgesetz geregelte Begriffe wie die Anlagekosten nicht autonom auslegen, da Rechtsfragen im kantonalen und im eidgenössischen Recht der direkten Steuern nach Möglichkeit gleich beurteilt werden sollten. Dies sei zudem auch deshalb notwendig, weil Grundstückgewinn- und Einkommenssteuer eng miteinander verbunden seien und eine doppelte Berücksichtigung von Aufwendungen bei beiden Steuern ausgeschlossen werden müsse.
Gemäss Bundesgericht umfassen Anlagekosten effektiv getätigte, wertvermehrende Aufwendungen, welche mit dem veräusserten Grundstück untrennbar verbunden sind. Die Wertvermehrung kann nicht nur körperlicher, sondern auch rechtlicher Natur sein (z.B. Begründung von Stockwerkeigentum, Abfindung für eine vorzeitige Auflösung des Mietvertrags). Das Gericht hielt fest, dass die im Streit liegende Vorfälligkeitsentschädigung durch den Verkauf ausgelöst und daher untrennbar mit der Liegenschaft verbunden sei. Da nur der Wegfall der Hypothek es erlaubt habe, die Liegenschaft zu verkaufen, habe die Entschädigung wertvermehrenden Charakter. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei daher bei der Grundstückgewinnsteuer gewinnmindernd zum Abzug zuzulassen, allerdings ohne den bei der Einkommenssteuer bereits berücksichtigten Anteil.
Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid drei Erscheinungsformen von Vorfälligkeitsentschädigungen aufgeführt, welche steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind. Überprüft wird dabei insbesondere der Zusammenhang zwischen der Zahlung und dem Darlehensverhältnis:
- Bei einer blossen Umschuldung, bei welcher z.B. eine Festhypothek vorzeitig durch eine variable Hypothek bei der gleichen Bank ersetzt wird, wird nur das bisherige Vertragsverhältnis umgestaltet. Da das Vertragsverhältnis fortdauert, sind allfällige in diesem Zusammenhang geleistete Vorfälligkeitsentschädigungen als Schuldzinsen einzustufen und daher beim Einkommen abziehbar.
- Wechselt der Hypothekarschuldner vorzeitig den Darlehensgeber, sind die an den bisherigen Hypothekargläubiger zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigungen keine Schuldzinsen, sondern haben Entschädigungscharakter, da das bisherige Vertragsverhältnis aufgelöst wird. Das Bundesgericht äussert sich nicht explizit zu den Steuerfolgen. Konsequenterweise müsste ein Abzug bei der Einkommenssteuer (wie auch bei der Grundstückgewinnsteuer) verweigert werden. Bereits zeichnet sich eine uneinheitliche kantonale Praxis ab, indem z.B. der Kanton Bern weiterhin einen Abzug als Schuldzinsen zulässt, die Kantone Zürich, Solothurn, Aargau und Zug nur dann, wenn die aufgelöste Hypothek durch eine andere beim gleichen Kreditgeber ersetzt wird (= Ziffer 1).
- Wird – wie im Zürcher Fall – die Hypothek infolge eines Verkaufs der Liegenschaft vorzeitig aufgelöst, stellt die Vorfälligkeitsentschädigung keinen Schuldzins dar. Sie kann jedoch bei der Grundstückgewinnsteuer geltend gemacht werden. Diese Regelung ist für den Kanton Zürich neu (Praxisänderung).
Angesichts der unterschiedlichen kantonalen Praxis dient eine Vereinheitlichung sicher der Rechtssicherheit und damit auch der Planbarkeit. Dies ist zu begrüssen. Allerdings löst die unklare Begründung, weshalb eine beim Verkauf der Liegenschaft anfallende Vorfälligkeitsentschädigung bei der Grundstückgewinnsteuer in Abzug gebracht werden kann, Widerspruch aus.4 Tatsächlich ist es kaum nachvollziehbar, weshalb die Vorfälligkeitsentschädigung untrennbar mit dem Grundstück verbunden sein soll, da ja das Grundstück nur als Pfand für den Gläubiger haftet und somit der Darlehensvertrag bei einem Wechsel der Sicherheit aufrechterhalten werden kann. Zudem fehlt es an einer Wertvermehrung, insofern als das Bundesgericht die Vorfälligkeitsentschädigung mit dem Hinweis, diese sei im Hinblick auf den Verkauf angefallen, zu den Verkaufsunkosten zählt.
Bei einem aktuellen Zinssatz von unter zwei Prozent ist es verlockend, eine zehnjährige Festhypothek abzuschliessen. Damit steigt aber das Risiko, dass der Vertrag aus irgendeinem Grund (Scheidung, Todesfall, Verkauf oder finanzielle Gründe) vorzeitig aufgelöst werden muss, mit der Folge, dass je nach Zinssatz und Restlaufzeit eine erhebliche Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird. Zwar sind die von der Bank berechneten Ausstiegskosten Verhandlungssache. Trotzdem ist es empfehlenswert, schon beim Vertragsschluss nicht nur auf den Zinssatz, sondern auch auf die Konditionen bei einem Ausstieg zu achten, zumal die Unterschiede zwischen den verschiedenen Anbietern gross sind. Vor einem vorzeitigen Ausstieg aus einer Hypothek ist es ratsam, die Steuerfolgen abzuklären. Häufig lohnt es sich, eine Alternative zu einem vorzeitigen Ausstieg zu suchen.
- Urteil vom 3. April 2017 (BGer 2C_1148/2015 = BGE 143 II 382) betreffend Kanton Zürich.
- Urteil vom 3. April 2017 (BGer 2C_1165/2014 = BGE 143 II 396) betreffend Kanton Neuenburg.
- Kantone ZH, LU, BS, BL, SG, TG, nicht jedoch ZG, NE.
- Vgl. Felix Richner, in: ZStP 2017, S. 26 ff.; Thomas J. Wenger, Vorfälligkeitsentschädigung und steuerliche Abzugsfähigkeit, in: sui-generis 2017, S. 173.